Satz de Tages – Woche 4

01.12.2017

Beunruhigt sieht er zur Tür, als müsse sie jeden Augenblick die Klinke niederdrücken, das leise Knirschen der Angel würde kaum zu hören sein, wenn sie ihm mit einem Lachen ein "Hey" zuriefe und ihre große, rotbraune Ledertasche würde in der Ecke landen, für zwei Tage unwichtig beiseite gelegt und gedacht, und dann würde sie mit einem Lächeln fragen, ob er vorhabe, da wie angewurzelt stehenzubleiben oder ob sie darauf hoffen dürfe, er würde sich von seinem Platz noch einmal wegbewegen, denn sie habe Karten für das Eishockeyspiel und Regine und Klaus kämen auch mit und wenn sie nicht zu spät sein wollten, dann müsse er sich beeilen und überhaupt, mit wem er da telefoniere und dass er jetzt würde auflegen können und er sieht auf seine Hand, die zittert, und hört die Stimme, die ihn auffordert, am Apparat zu bleiben und Hilfe sei unterwegs, er solle für eine stabile Seitenlage und freie Atemwege sorgen soweit ihm das möglich sei, schließlich, ob er noch da sei, es könne nicht mehr lange dauern und durch die Taubheit seiner Sinne dringt eine schrille Sirene, hört er Stiefel die Treppenstufen heraufklopfen, sieht die Türe sich tatsächlich öffnen und in die erschrockenen Mienen der Ankommenden. 

 


30.11.2017

Seine Hand fährt über die Brille, der Handschuh verwischt die Flocken zu Nässestreifen, so oder so zu wenig Sicht, der Bergrücken silbrig gegen

 

 

 

 

den dunkelgrauen Himmel, der in Wolkenfetzen den Hang hinab zieht, die Hütte verschlingt, die Masten der Seilbahn, Jorge und Edwin, die hinter

 

 

 

 

 

 

 

ihm sein müssten, aber er hört keine Antwort auf sein Rufen, hört nichts außer seinem Atem, dann nichts mehr, eine tiefe Stille um ihn herum, wie ein Hinweis auf alles Kommende.

 


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'Das wird heute nichts mehr', denkt sie und greift nach der alten Stoffhose, 'so in Eile, das wird nichts Gutes ergeben' und zieht den braunen Strickpullover über den Kopf, wirft einen Blick in den Spiegel und seufzt, nein, nicht nur, dass sie keinen vernünftigen Satz würde schreiben können, sie würde auch nichts Passendes zum Anziehen finden, jetzt, da die Temperaturen gefallen waren und die Fahrt auf dem Rad wintergemäße Kleidung verlangte, etwas, das in ihrer Vorstellung außer auf Skipisten einfach nirgendwo Stil ausdrücken konnte, jedenfalls nicht einen, der in ihren Augen Bestand haben würde und entnervt gibt sie ihre Widerstände auf gegen Inhalt und Form – zwei Säulen, die heute nicht trugen – und zieht die Stiefel über dicke Strümpfe.

 


27.11.2017

Mariska Harmikainen sorgte sich um ihre Investition, aber so sehr sie sich auch bemühte, nicht auf das spiegelnde Display ihres Laptops zu blicken, es zog sie an wie den Staub, der in den wenigen Lichtstrahlen, die sich im Raum verfangen hatten, langsam zu Boden sank – eine Bewegung, die sie nur zu gerne ebenso vollzogen hätte, die sie aber, zu Untätigkeit gezwungen, ihren Anlagen überlies in dem Wissen, bis morgen würde alles ein Ende haben.

28.11.2017

Vor ihr lag die Steilwand, schon halb im Schatten und bis sie sich zur Lichtkante vorgearbeitet haben würde, läge auch der Bereich unterhalb der großen Felsnase mit dem Überhang bereits im kühlen Schatten – doch der Blick von ihren Händen, die unentschlossen das grüne, gedrehte Seil hielten, auf Lazlos Gesicht bestätigte ihr einmal mehr, dass sie diese Wand nicht zusammen bezwingen würden.

 


26.11.2017

 

Ich bin dir Untier und Rettung gleichermaßen, bin Gegenentwurf und Prospekt für bessere Zeiten, bleibe zurück im Dunkeln und stürze in das Gleißende, Notnagel wie absichtsvolle Täuschung, ein Blinder, ein Blender, ein Lauscher und ein versäumtes Versprechen.